
Am späten Dienstag kehrte die Q2 mit den begleitenden Lehrerinnen und Lehrern von ihrer Gedenkstättenfahrt aus dem Südosten Polens zurück nach Deutschland. Am Mittwoch, 26.03.2025 geht es mit dem gewohnten Waltroper Schulalltag an der GEsamtschule weiter. Die zurückliegende Woche hat bei den Teilnehmenden der Fahrt nachdrücklich Spuren hinterlassen und wirkt in den Alltag hinein. Deshalb wollen wir an dieser Stelle einige Projektsplitter veröffentlichen. Letzte Woche, am 19.3.2025, begann neben den bereits berichteten Programmpunkten die inhaltliche Arbeit in den Workshops. Daraus stellen wir hier einige Eindrücke vor…
Schüler beschreiben ihre Eindrücke nach dem ersten Besuch in Majdanek:
Sammlung von Adjektiven, die den ersten Tag in Majdanek beschreiben: primitiv, verunsichernd, krass, bedeutsam, beängstigend, mahnend, bedrückend, schockierend, surreal — nicht vorstellbar, Beklommenheit auslösend, ängstigend, unmenschlich, grausam, schrecklich, erschreckend, denkwürdig, traurig.
Zitate aus dem Abschlussgespräch am ersten Workshoptag: „Man wusste ja schon Bescheid, aber das hier zu sehen, die Erniedrigungen — schon alleine durch die zerstörten Grabsteine, die als Straßenpflaster genutzt wurden — das ist einfach beeindruckend.“ +++ „Hier wird Vieles visualisiert, selbst das Giftgas ist an den Wänden noch zu sehen.“ +++ „Wie groß das hier ist und wir können das gesamte Lager ja gar nicht mehr sehen!“ +++ „Die Ausmaße des Lagers hier zu erlaufen, ist beeindruckend. Die Ausmaße sind sonst gar nicht vorstellbar.“ +++ „Dokus kennt man ja, aber fast dreieinhalb Stunden hier über das Gelände zu laufen, ist ein ganz anderes Gefühl.“

Gruppenarbeit zu vier Tätern von Majdanek: Hildegard Lächert, Emil Laurich, Hermann Hachmann und Hermine Ryan-Braunsteiner:
- Eigene Erwartungen
- Biografie
- Bewertung
Frage: Gibt es so etwas wie einen prototypischen Täter? Lino: „Sie waren unterschiedlich und doch gleich. Es ist ein Schema zu erkennen.“ +++ Grey: „Sie hatten verschiedene Gründe mitzumachen, aber alle waren brutal.“ +++ Marcel: „Menschen wurden zu Monstern und hinterher haben sie alles zu verharmlosen versucht.“ +++ Julius: „Die Karriere spielte eine Rolle, z.B. Hildegard Lächert hat sich und ihre Karriere in den Vordergrund gestellt. Ja, auch andere haben getötet, einfach weil sie es konnten.“ +++ Fiona: „Sie haben ihre Jobs genutzt, um ihre sadistische Art auszuleben und um Anerkennung zu erfahren.” +++ Ciska: „Menschen wurden entmenschlicht und so konnten die hier vorgestellten Personen zu Tätern werden.
Zusammenfassung: In diesem System wurde Gewalt geduldet und gefördert. Wir haben hier nur vier Beispiele untersucht und kennengelernt. Insgesamt waren eine Millionen Menschen in der SS. Normale Leute wurden in dem System zu brutalen Tätern. Es braucht nicht viel, dass Menschen solche Taten begehen!
Vorführung des Films über den Majdanek-Prozess (1975–1981) von Eberhared Fechner: Die Opfer haben keine Gerechtigkeit erfahren. +++ Jetzt haben wir Gesichter zu den Tätern. +++ Ich habe großen Respekt vor den Zeugenaussagen, das muss sehr viel Kraft gekostet haben. Respekt vor den ehemaligen Häftlingen, die vor Gericht den Täter begegnet sind und diese wiedererkannt haben. +++ Die Rolle der Verteidiger ist schwierig; auch der ehemalige SS-Staatsanwalt, der einen Täter verteidigte, ist höchst problematisch…
Die Aktion »Reinhardt«
Präsentationen wurden zu folgenden Themen von den Teilnehmenden erarbeitet:
- Polnische Juden im Holocaust
- Euthanasieprogramm, Wannseekonferenz
- Bau und die Organisation der Lager Majdanek, Belźec und Sobibor
- Massenmord und Vernichtung von Beweisen
Der Zweck der Vernichtungslager sollte durch verschiedene Aktionen geheim gehalten werden (Schweigeverpflichtungen, Fake-Gebäude mit Wegweisern zur Arbeit oder zu Waschräumen). Das gelang nicht lange, weil man nicht hunderttausende Menschen umbringen kann, ohne dass es jemand bemerkt und weitererzählt. Der monatelange Gestank und die Rauchschwaden waren nicht zu übersehen. +++ Aktion »Reinhardt« bezog sich auf ganz Europa, insgesamt fielen der Aktion zwei Millionen Menschen zum Opfer. Sie wurde nach Reinhard Heidrich benannt. Es finden sich unterschiedliche Schreibweisen des Namens der Aktion, benannt hat Heidrich die Aktion nach sich selbst. +++ »Erntefest« am 03.11.1943 (Opferzahl: 18.600 nur in Majdanek, insgesamt mit allen anderen Aktionen an diesem Tag waren es 43.000 Opfer) +++ 03.10.1943: »Blutiger Mittwoch« +++ »Erntefest« war ein Codename für die Vernichtung aller Juden in und um Lublin
Kommentare der Schüler im Anschluss an die Präsentationen: Siham: „Ich empfinde ein Gefühl der Fassungslosigkeit und Sprachlosigkeit. Die schrecklichen, unmenschlichen Bedingungen, in denen die unschuldigen Menschen leben mussten, wecken in mir absoluten Schrecken. Besonders der Umgang mit Säuglingen und Kindern setzt mir unglaublich zu, denn sie haben es verdient, in Frieden zu leben. Genau wie alle anderen Häftlinge. Dass das Regime nicht einmal vor Alten und Kindern Halt machte, verdeutlicht die skrupellose Grausamkeit und die Brutalität.“ +++ Annika: „Es ist erschreckend, was die Menschen den Juden angetan haben, vor allem weil wir selbst über das Gelände gelaufen sind, wo so viele Menschen gestorben sind. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie viel Angst und Schmerzen die Menschen hatten.“ +++ Sören: „Wir wissen schon viel über diese Taten, aber diese konkreten Zahlen machen das alles noch unfassbarer.“ +++ Marcel: „Das ist ein bedrückendes und beängstigendes Gefühl, … erschütternd!“ +++ Severin (Moderator): „Ich bin jetzt seit sechs Monaten hier und kann das Ausmaß noch immer nicht fassen. Diese Aktion war so groß und einmalig. Es ist gerade deswegen so wichtig, dass wir uns damit beschäftigen. Meine Bitte: Vergesst nicht, sondern tragt die Erinnerung weiter!“
Der 03.11.1943 gilt als Ende der „Aktion Reinhardt“.
Unser Fazit: Das muss uns eine Mahnung sein!